Christliche Gedichte (z.B. Ostergedichte, Familiengedichte) und Lieder

christliche-gedichte.de - 19.04.2024
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O Gott, du Tiefe sonder Grund

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1. O Gott, du Tiefe sonder Grund,
wie kann ich dich zur G´nüge kennen?
Du große Höh´, wie soll mein Mund
dich nach den Eigenschaften nennen?
Du bist ein unbegreiflich Meer;
ich senke mich in dein Erbarmen:
Mein Herz ist rechter Weisheit leer,
umfasse mich mit deinen Armen.
Ich stelle dich zwar mir
und anderen gerne für, doch werd`
ich meiner Schwachheit innen;
weil alles, was du bist,
ohn´End´ und Anfang ist,
verlier ich drüber alle Sinnen.

2. Dein Ursprung ist die Ewigkeit,
die niemals mit dir angefangen;
du warst vor aller Welt und Zeit,
und eh´ die Schöpfung angegangen.
An dir ist unaussprechlich viel,
und was du hast wird nicht geendet;
dein hohes Alter hat kein Ziel,
das deiner Jahre Lauf vollendet;
Veränd´rung trifft dich nicht,
dieweil dir nichts gebricht;
du bist ein unaufhörlich Leben.
Was lebet und sich regt,
das wird von dir bewegt;
du hast ihm dazu Kraft gegeben.

3. Es rührt von deiner Allmacht her,
aus welcher alle Ding´ entstanden;
kein einziges kommt ungefähr;
wärst du nicht, so wär´nichts vorhanden.
Wovon wir wissen oder lesen,
was sichtbar und unsichtbar ist,
das alles hat von dir sein Wesen.
du tust, was du beschließt;
und was unmöglich heißt,
ist das geringste deiner Werke;
du bist nur dir bekannt;
dein göttlicher Verstand
und Weisheit gleichet deiner Stärke.

4. Der Himmel ist dein Thron und Sitz,
und du regierest auch auf Erden;
vor dir muß aller Menschen Witz
aus Unvernunft beschämet werden.
worauf man die Gedanken stellt,
ist dir entdeckt und unverborgen;
was Finsternis beschlossen hält,
das siehst du wie am hellen Morgen;
du wohnst in einem Licht,
das hat kein Dunkles nicht,
noch mit dem Schatten was Gemeines,
kein König ist dir gleich;
dein allgewaltig Reich ist oben
und die unten Eines.

5. Du einiger und wahrer Gott,
du Herrscher aller Himmelsscharen,
die Götter sind vor dir ein Spott,
und scheuen alle dein Verfahren;
vor dir beugt sich der Engel Chor;
sie schlagen Aug´ und Antlitz nieder,
so heilig kommst du ihnen vor,
und davon schallen ihre Lieder.
Die Kreatur erstarrt
vor deiner Gegenwart,
damit ist alle Welt erfüllet,
und dieses Äuß´re weist,
Unwandelbarer Geist,
ein Bild, worin du dich verhüllet.

6. Doch schließt dich keine Grenze ein;
und wenn gleich tausend Welten wären,
so wären sie für dich zu klein,
und nur wie Zeichen deiner Ehren.
du reichest, Herr, unendlich weit
und übersteigest alle Sterne;
Dein´s Namens Lob und Herrlichkeit
erreichet eine solche Ferne,
die niemand denken kann;
dich betet alles an,
und muß sich untertänigst bücken;
und wer in Zuversicht
dir seine Not bericht´
dem hilfest du mit deinen Blicken.

7. Bei dir ist weiser Rat die Tat;
gerechtes Recht in dem Gerichte,
Vollkommenheit im höchsten Grad,
Geduld vor deinem Angesichte;
Barmherzigkeit und große Treu´,
viel Gnad´ und unermessne Liebe
wird alle Morgen bei uns neu;
so handelst du aus eignem Triebe;
ein jeder Augenblick ist deiner Wohltat Stück,
darin wir deiner Huld genießen;
ja alles, was wir sein,
muß immer und allein Aus dir,
dem ew´gen Brunnen, fließen.

8. O Vater, welcher alles zeugt,
du allerhöchste Kraft und Güte,
von dem es zu uns abwärts steigt!
Du gibst uns des Gedeihens Blüte,
und den Geschöpfen Unterhalt
nach eines jeden Art und Weise;
dein Segen macht sie wohlgestalt,
du füllest sie mit Freud´ und Speise;
bist keines Menschen Feind,
und deine Sonne scheint
so über Fromm´, als Ungerechte;
dein milder Regen
fällt in dieser ganzen Welt,
auf alle Völker und Geschlechte.

9. Vermag dir jemand auch dafür
mit Mund und Herzen recht zu danken?
In keinen Tempeln wohnst du hier,
dein Dienst hat nicht gewisse Schranken;
was Menschen für dich aufgebaut,
darin wird deiner nicht gepfleget;
du liebest den, der dir vertraut,
und sich zu deinen Füßen leget;
was man dir leisten soll,
das tut uns selber wohl,
denn du bedarfst nicht unsrer Gaben;
statt dessen wendest du
uns Heil und Leben zu,
und kannst von niemand etwas haben.

10. Du lohnst noch dem, der dich verehrt;
und bist ein Feuer deiner Feinde,
das ihnen Seel´ und Leib verzehrt!
Dagegen labst du deine Freunde. –
Dein Lob vermehren immerdar
die Cherubim und Seraphinen,
wo dir der Ältsten heil´gen Schar
in Demut auf den Knien dienen;
denn dein ist Kraft und Ruhm,
das Reich und Heiligtum,
da mich Erstaunen mir entreißet;
bei dir ist Majestät, die über alles geht,
und heilig, heilig, heilig heißet.


(Lied, Autor: Ernst Lange (1650 - 1727)