Christliche Gedichte (z.B. Ostergedichte, Familiengedichte) und Lieder

christliche-gedichte.de - 28.03.2024
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So hab ich obgesieget

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1. So hab ich obgesieget,
mein Lauf ist nun vollbracht,
ich bin gar wohl vergnüget,
zu tausend guter Nacht!
Ihr aber, meine Lieben,
tut nicht so ängstiglich!
Was wollt ihr euch betrüben?
Stehts hoch sehr gut um mich.

2. Denkt, Vater, wie viel Sorgen,
wie manche wache Nacht,
wie manchen düstern Morgen
ein liebes Kind oft macht.
Was ihm kann widerfahren,
das fürchtet wer es liebt.
Den Kummer könnt ihr sparen,
drum seid nicht so betrübt.

3. Ach Mutter, laßt die Tränen,
stellt euer Klagen ein,
des Höchsten sein Begehren
das muß erfüllet sein.
Warum ihr jetzo weinet
und gar zu kläglich tut,
das ist sehr wohl gemeinet:
Gott machet alles gut.

4. Die Freude, die sich reget
bei einem Wandersmann,
wenn er die Reis hinleget
und kommet glücklich an;
die Freude, die empfindet ein Schiffer,
wenn sich schier ein sichrer Hafen findet,
die spür ich jetzt bei mir.

5. Fahr hin, o Angst und Schmerzen,
fahr immer, immer hin!
Ich freue mich von Herzen,
daß ich erlöset bin.
Ich lebe in tausend Freuden
in meines Schöpfers Hand;
da trifft und rührt sein Leiden,
so dieser Welt bekannt.

6. Schmückt meinen Sarg mit Kränzen,
wie sonst ein Siegsmann prangt.
Aus jenem Himmelslenzen hat meine Seel
erlangt die ewig grüne Krone;
die werte Siegespracht rührt her
von Gottes Sohne, der hat mich so bedacht.

7. Doch netzet ihr die Wangen, ihr Eltern,
über mir, euch hat das Leid umfangen,
das Herze bricht euch schier;
des Vaters treue Liebe sieht sehnlich
in mein Grab, die Mutter stehet
trübe und kehrt die Augen ab.

8. Ich war euch nur geliehen
auf eine kurze Zeit,
will Gott mich zu sich ziehen,
so werfet hin das Leid und sprecht:
Gott hat´s gegeben, Gott, nimms,
du hast das Recht, bei dir steht Tod
und Leben der Mensch ist Gottes Knecht.

9. Daß ihr mein Grab müßt sehen,
zeigt unsern schwachen Stand;
daß es sobald geschehen,
tut Gottes Vaterhand.
Gott wird das Leid euch stillen;
ich sterbe nicht zu jung,
wer stirbt nach Gottes Willen,
der stirbt schon alt genug.

(Nachruf der Betrübten)

10. Fahr wohl, o liebe Seele,
genieß der süßen Lust!
Uns in der Trauerhöhle
ist nicht hievon bewußt.
Wann wird doch angefangen
desselben Tages Schein,
daß du uns wirst empfangen?
O möcht er heute sein!


(Lied, Autor: Gottfried Wilhelm Sacer (1635 - 1699)